Warum sollte irgendjemand sich Songs von mir empfehlen lassen – wo es doch NPR und Spotify und den Rolling Stone und all diese Koryphäen gibt?

In meiner ganzen Beschäftigung mit Musik hab ich bemerkt, wie sehr ich es schätze, wenn mich jemand an seinen persönlichen Präferenzen teilnehmen läßt. Sogar dann, wenn mein Geschmack sich nicht ganz mit dem des anderen deckt – aber wenn, dann fühlt sich das an wie ein ganz großer Glücksfall und ein besonderer Schatz!
Als ich mit 16 für ein Jahr als Austauschschülerin nach Japan ging, bat ich meine Freunde, mir Mixtapes zu schicken.
Das war 1992, zu einer Zeit, als noch keiner von uns je eine Email verschickt hatte, Telefonate zwischen Japan und Deutschland der immensen Kosten wegen für absolute Notfälle aufgespart wurden und ein Brief von hier nach da gut 2 Wochen unterwegs war.
Es war außerdem immer noch die Zeit, in der Kassetten, selbst aufgenommen, die Songs sorgfältig ausgewählt und in Reihe gebracht, je nach Talent noch mit selbstgemalten Hüllen, ein wesentliches Kommunikationsmittel zwischen Freunden (und potenziellen Liebenden) waren.
Nichts war so gut geeignet, mir im fernen Osten an der Pazifikküste ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie es meiner besten Freundin ging, und ob die Liebe meines damaligen Freundes immer noch lichterloh brannte oder schon so langsam verrauchte…
Ich kam aus Japan mit einem Koffer voller Mixtapes zurück und einer vertieften Liebe zu Musik. Ich war in Wakayama und Osaka und Kyoto durch die Plattenläden gestreift und hatte anfangs oft CDs nur deswegen gekauft, weil das Cover mich ansprach oder ich den Mensch vorne drauf erkannte – die japanische Schrift lernte ich erst nach und nach. Melissa Etheridge, INXS, Pearl Jam, Guns’n’Roses, Oscar Peterson, Primal Scream… Bis heute ist mir die Reihenfolge der Songs auf den CDs so eingebrannt dass ich immer noch nach einem Lied auf das nächste danach warte.
Ich hab dann aber nicht Musik oder Japanologie studiert, sondern Regie, und in meinem Hauptjob mach ich das auch bis heute, nämlich als Regisseurin für Shows und Events.
Aber die Liebe zur Musik und den Stories dazu ist mir geblieben. Als ich nach Berlin zog, schrieb ich eine ganze Weile die PopSplits für den RBB-Sender Radio1, und dann formte sich so schön langsam die Idee für meine eigene Musik-Webseite.
Die erste hieß popmonaut.de und war nur ein wackeliges Gerüst mit ein paar Song-Stories, das ich nach kurzer Zeit aus lauter Frust über die Programmiererei, die damals dafür noch grundlegend nötig war, wieder hinwarf. Erst einige Zeit später stellte ich fest, dass meine Seite von Wikipedia verlinkt worden war (ich glaube es war zu meiner Story über Why did you do it von Stretch). Heute kaum mehr vorstellbar… 😉
Viele Jahre und so einige gesicherte und wieder verworfene Domains später hatte ich Ende 2018 einfach keine Lust mehr, mich von technischen Details aufhalten zu lassen.
Vielleicht gibt es noch mehr Leute wie mich, die eine persönliche Empfehlung jederzeit jedem noch so ausgefuchsten Algorythmus vorziehen?
So schreibe ich also jeden Tag ein Sounding in Deutsch und Englisch, und wenn ich das habe, dann führe ich Regie, spreche ein Hörbuch ein, lache mit meinen Teenagerkindern, schwitze beim Kung Fu, schreibe ein Buch, fluche über Code, reise mit meiner Familie langzeitig durch die Welt, spüle das Geschirr und liebe meinen Mann.
Du kannst mich hier erreichen.